28.03.23
Sehr geehrte Frau Goecke,
wie angekündigt schreibe ich Ihnen erneut bezüglich Ihrer Sorge um die Aufrechterhaltung des Schulkonzeptes des Schulzentrums am Stern. Ich kann Ihre große Besorgnis bezüglich möglicher Verschlechterungen bei der Stellenzumessung von Lehrkräften sehr gut verstehen. Besonders meine Fraktionskollegin Petra Budke hat sich gegenüber der Bildungsministerin für eine Klarstellung und Verbesserung zugunsten der Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte eingesetzt. Die jetzt geplanten Maßnahmen im Land haben folgenden Hintergrund:
Das Land Brandenburg muss wie mittlerweile alle Bundesländer mit einem massiven Lehrkräftemangel umgehen, der leider auch die kommenden Jahre anhalten wird. Viele Lehrkräfte der geburtenstarken Jahrgänge gehen in den Ruhestand, und alle Bundesländer, auch Brandenburg, haben zu wenig Nachwuchskräfte ausgebildet. Die möglichen Folgen haben wir Bündnisgrünen, so lange wir in der Opposition waren, seit 2010 wiederholt dargelegt. Nun müssen wir innerhalb der Koalition seit 2019 gemeinsam damit umgehen.
Zum kommenden Schuljahresbeginn müssten eigentlich 1800 neue Lehrkräfte eingestellt werden. Auch in den kommenden Jahren erwarten wir den Bedarf an neuen Lehrkräften in ähnlicher Dimension. Dies wird nicht im vollen Umfang gelingen, denn auch Seiteneinsteiger*innen sind inzwischen schwer zu finden. Deswegen hat Bildungsministerin Britta Ernst beschlossen, 200 Lehrkräftestellen in Stellen für Schulsozialarbeit und Schulassistenzen umzuwidmen.
Diese Maßnahme ist verbunden mit folgenden Vorfestlegungen:
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Es sollen keine Einschnitte in der Stundentafel erfolgen.
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Die Richtwerte für die Klassenfrequenzen sollen nicht erhöht werden.
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Die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte soll nicht, wie in anderen Ländern, erhöht werden.
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Auch freiwillige (zusätzliche) Anrechnungsstunden für Lehrkräfte aus Altersgründen, wegen langjähriger Tätigkeit oder wegen Schwerbehinderung sollen nicht reduziert werden.
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Es erfolgt keine Kürzung von Stellen. Alle erzielten Effekte bleiben im Schulsystem (Umverteilung, keine Einsparung).
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Die umgewidmeten Stellen für Schulassistenzen und Schulsozialarbeit sollen vorrangig an Grundschulen und Oberschulen mit einem hohen Anteil an Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern und Schülerinnen und Schülern mit größerem Unterstützungsbedarf gehen.
Soweit begrüßen wir diesen Plan.
Um die Umwidmung der 200 Lehrkräftestellen in der Stellenverteilung abzubilden, hat die Ministerin in einem Rundschreiben eine entsprechende prozentuale Kürzung von Stellenzumessungen zur Unterrichtsorganisation angekündigt. Damit soll die Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften von 102 Prozent auf 101 Prozent abgesenkt werden. Auf dieser Basis sollen nun von den staatlichen Schulämtern jeweils die genauen zukünftigen Zuweisungen von Stellen für das nächste Schuljahr erfolgen.
Dieses Rundschreiben des Bildungsministeriums hat verständlicher Weise für viel Unruhe an den Schulen gesorgt. Denn es betrifft genau die Bereiche, die uns als bündnisgrüner Fraktion sehr am Herzen liegen:
Die zusätzlichen Zumessungen für den Ganztag, für das Gemeinsame Lernen, für Förderschulen, für Flexklassen in Grundschulen, für die Binnendifferenzierung und für Schulzentren. Hier sollen im Schnitt die zusätzlichen Zumessungen um 10 Prozent abgesenkt werden. Insbesondere größere Schulen errechneten sich daraus einen Verlust von mehreren Stellen. Inzwischen hat das Ministerium aber zugesagt, dass keine Schule mehr als eineinhalb Vollzeitstellen abgeben soll. Dennoch empfinden wir diese Maßnahme als schmerzlich.
Unsere Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin, Petra Budke, hat dazu in einer Landtagsdebatte am 24. März deutlich gemacht, dass unbedingt vermieden werden müsse, dass an einer Schule eine Stelle für Inklusion gekürzt werde, um an einer anderen Schule eine Stelle für Schulsozialarbeit zu schaffen. Sie hat außerdem vorgeschlagen, auch die Zuweisungen für Gymnasien in den Blick zu nehmen, z. B. bezüglich der Abminderungsstunden für Lehrkräfte zur Erstellung von Stundenplänen und Vertretungsplänen, denn diese Aufgaben könnten auch von Schulassistenzkräften vorgenommen werden. Zudem müsse die Verteilung der Schulassistenzen und Schulsozialarbeitsstellen genau in den Blick genommen werden. Im Landeshaushalt haben wir auch Mittel für multiprofessionelle Teams, die zusätzlich an die Schulen kommen sollen, bereitgestellt. Die oben benannten Maßnahmen müssen sich in die Ausgestaltung dieser Teams einfügen.
Petra Budke hat in ihrer Rede zugesagt, dass sich die Koalitionsfraktionen die Auswirkungen der Pläne sehr genau anschauen werden, und das gegebenenfalls nachgesteuert werden müsse. Die Auswirkungen auf das Schulzentrum am Stern und die Unsicherheiten, die aus der bisherigen Kommunikation entstanden sind werde ich weiterhin genau beobachten. Die Debatten dazu im Parlament gehen weiter, und ich freue mich, wenn Sie sich bei weiteren Fragen und Hinweisen an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Marie Schäffer